Samstag, Juni 17, 2006

Aus dem deutschen Jammertal

Man ist ja richtig froh, dass hier erste Optimismus-Pflänzchen zu blühen beginnen, selbst dort, wo gar kein Grund dazu besteht. Egal, mit der Devise "Hoffnungslos, aber nicht ernst" kommt man oft besser durchs Leben. Nur im deutschen Krimi ist das noch nicht so richtig angekommen. Wird wohl auch leider nie richtig ankommen.
Warum darf ein Polizist oder Privatschnüffler eigentlich kein fröhlicher, zupackender, optimistischer Naturbursche sein? Warum kein lässiger Genießer von Wein, Mode und Kultur? Warum keine lustige, quasselnde Modepuppe? Warum kein frecher Zyniker, der dennoch immer wieder leichtfüßig die Kurve kriegt? Warum kein Mensch mit intakter Beziehung, fröhlicher Familie, netter Oma? Warum schleichen bei uns vorwiegend diese gestörten Jammergestalten herum, diese psychisch Geschädigten, diese Säufer, diese Scheidungswaisen, diese dumpfen Provinzler, diese düster-romantisch an der Welt verzweifelnden Stöhner? Diese larmoyanten, am Wohlstand zerbrechenden Weicheier? Wenn doch wenigstens etwas mehr Humor dabei wäre! Da bin ich ja schon richtig dankbar für einen Autor wie Andreas Izquierdo, der so etwas ähnliches wie die Leichtigkeit des Seins mit Augenzwinkern rüberbringt.
Ich habe vor vielen Jahren mal eine Reihe von San-Antonio-Krimis gelesen (nein, das war kein Cowboy, nur ein von einem französischen Professor ersonnener frecher Großstadtbulle), das war erfrischend, witzig, frech, zynisch, arrogant, blödelnd, leichtfüßig und zeigte dennoch alle menschlichen Abgründe in den Pariser Hinterhöfen. Das war ein Serien-Schreiber wie Simenon, dessen Maigret zwar nachdenklich, aber auch kein Jammerlappen war. Sowas würde ich mir mehr für den deutschen Krimi wünschen, diese Leichtigkeit, die keineswegs banal sein muss. Aber ich fürchte, jeder tapfere Versuch dazu würde von unseren humorlosen Kultur-Tempelwächtern mit flammendem Rezensionsschwert niedergemetzelt, bonjour tristesse! Mit ein Grund, warum ich Frankreich liebe, die können und wollen das alles gleichzeitig haben, wie erfrischend!

Montag, Juni 05, 2006

Grrrr...

Da hab ich doch gerade das Buch der hochgelobten und preisgekrönten Autorin A.P. gelesen. Es hat mich hilflos ärgerlich gemacht, denn dieses Buch hat mir wieder mal demonstriert, dass der deutsche Zeitgeist (oder wie man das nennen soll) auf larmoyantes Psychogeschwätz abfährt. Da jammert sich eine (natürlich etwas musikalisch ungebildete) Kommissarin (Freund hat ne Frittenbude, oh Mann!!!) durch das Buch und verfolgt eine telegene Mörderin, zu der das elegische Verhältnis irgendwo zwischen platonischer Lesbe und netter Intellektuellen-WG-Genossin einzustufen ist. Und dann verjuckelt sich das Ganze zu den rumänischen Zigeunern, pardon Sinti, die irgendwie böse aber lieb, schlau aber simpel sein sollen, oh je... Aber gleichzeitig ist schon noch wichtig, ob man Markenware trägt und das angesagteste Parfüm kennt. Gut, am Ende gibt's noch ein wenig Kinderarbeit im Weinberg und ein verrottetes Pflegeheim, ein killender Pfleger mit Helfersyndrom und noch weitere Klichees. Dennoch bleibt alles irgendwie verworren, irgendwas mit unkontrollierten Wutanfällen, bischen Schuld und Sühne, Kindersuche, verkorkste Liebe und so. Ich hätte dieses wirre Werk am liebsten in die Ecke gepfeffert und einen guten alten Chandler hervorgeholt. Aber sowas macht man ja nicht, sondern erweist diesem begnadeten literarischen Talent seine Reverenz. Geschmackssache, ich mag die straight erzählten Hammett-Stories oder einen harten Ian Rankin oder den toughen Horst Eckert einfach lieber. Von gut erzählten Geschichten ohne übertriebene Hausfrauenpsychologisiererei wird mich so leicht kein neumodischer deutscher Kritiker abbringen.