Freitag, Mai 09, 2008

Geschmacksfrage

Ich habe einen schlechten Geschmack. Doch, doch, jetzt weiß ich es. Ganz sicher. Ich lese gerne Bücher, die in Feuilletons, nee, nicht schlecht wegkommen, sondern (Steigerung!) gar nicht erwähnt werden. Nicht gut, nicht schlecht, einfach nicht zur Kenntnis genommen. Wumm. Du dummer Underdog, Leser von schlechtem, ach, Quatsch, indiskutablem Geschmack. Das müssen aber ganz gefährliche Igittigitt-Romane sein, die ich da lese. Nein, keine Pornos, die sind heute feuilleton-geadelt, auch kein Jung-Literaten-Gestammel, diese „Werke" sind „trotz sprachlicher Schwächen" und „Langeweile" durchaus feuilletonfähig.
Nein, ich lese gerne ganz normale Romane - ordentlich komponierte Bücher, flüssig geschrieben, ohne sprachliche Schwächen, mit eigenem Stil, lebendigen Figuren, menschlichen Eigenheiten, oft einer Prise Humor und einem nachvollziehbaren, stimmigen Plot. Also weder Trash noch Underground. Stinknormal eben, schriftstellerische Alltagskost. Öfter sogar Autoren-Namen, die man trotzdem schon mal gehört hat.
Und dann öffne ich meine überregionale Tageszeitung, gehe auf die Literaturseite und denke Wersndas und lese, dass das neue Werk eines jungen, vom Redakteur gnädig besonnten Hoffnungsträgers zwar irgendwie nicht so recht befriedige, sprachlich etwas holprig sei, am Kitsch entlang schramme (hier milde als ein gewolltes Stilmittel erkannt), die Handlung nicht so ganz stimmig sei (nun ja, die Kunst des Unvollkommenen) und die Figuren auch nicht recht überzeugten (also kurz, eigentlich ist das ganze Buch Mist), aber dennoch (oder gerade deswegen?) zu großen Hoffnungen Anlass gebe. Äh? Wie wir nutzenorientierten Banausen sagen würden – wo ist denn nun bei einer solchen Rezension der Mehrwert für den Leser? Buch Scheiße, aber lesenswert, oder wie? Ob gut oder schlecht, ich habe nichts gegen fundierte Kritiken, aber dämliches Geschwätz, nein!
Geradezu naivpromihörig ist dagegen die Ansicht einer Podcasterin, die neulich treuherzig verkündete, dass sie ihrer Kollegin, der ein neuer Erzählband besonders gut gefallen hatte, nicht zustimmen könnte, weil sie nur „bekannten" Autoren zugestehen könne, Erzählbände zu veröffentlichen.
Whow! Irre! Da bleibt einem die Spucke weg. Frei nach einem Bulettenbrater "Ich liebe es!"